4 gute Gründe, eine Fremdsprache zu lernen
Hast du schon einmal überlegt, eine Fremdsprache zu erlernen? Wir haben vier gute Gründe, warum sich das Abenteuer Sprache in jedem Alter lohnt.
SELBSTVERTRAUEN ENTWICKELN
Das Erlernen einer Fremdsprache ist eine unglaublich lohnende Erfahrung und stärkt dein Selbstvertrauen erheblich. Du wirst einige deiner Ängste und Zweifel überwinden, mehr über dich selbst erfahren und neue Leute kennenlernen. Vielleicht an Orte reisen, an die du dich vorher nie getraut hättest. Außerdem ist das positive Feedback von Muttersprachlern und ihre Ermutigung immer eine grandiose Motivation, an einer neuen Sprache „dran zu bleiben“.
GEHIRNLEISTUNG STEIGERN
Eine Studie des University College London hat gezeigt, dass das Erlernen anderer Sprachen die graue Substanz – den Bereich des Gehirns, der Informationen verarbeitet – auf die gleiche Weise verändert, wie Sport die Muskeln stärkt.
Die Psychologin Ellen Bialystok von der York University in Toronto hat herausgefunden, dass Schüler, die Fremdsprachen lernen, bei standardisierten Tests besser abschneiden als ihre einsprachigen Mitschüler, insbesondere in den Kategorien Mathematik, Lesen, Grammatik und Wortschatz.
Jede neue Sprache ist wie ein offenes Fenster, das einen neuen Ausblick auf die Welt eröffnet und die Lebensauffassung weitet.
(Frank Harris)
NEUE KULTUREN ENTDECKEN
Die Entdeckung einer neuen Kultur ist eng mit der Kenntnis einer Fremdsprache verknüpft. Man kann viel über eine Kultur lernen, aber man kann sie nicht vollständig erleben, wenn man sich nicht auf sie einlässt, und das fängt bei der Sprache an. Die Kenntnis der Sprache, die die Einheimischen sprechen, führt nicht nur zu einem herzlichen Lächeln und zu Einladungen zu einem Drink, sondern eröffnet vielleicht auch Möglichkeiten, von denen du nie gedacht hättest, dass sie sich ergeben könnten.
NEUE LEUTE KENNEN LERNEN
Das Erlernen einer Sprache ist bestimmt kein einfacher Prozess und er wird dich ein wenig Zeit und Mühe kosten. Aber die Investition ist es wert. Denn, zu guter Letzt, und vielleicht sogar am wichtigsten: Neue und interessante Menschen kennenlernen und lebenslange Freundschaften schließen sind erstrebenswerte Ziele. Sprache ist Weg und Schlüssel zugleich.
Interview mit Beate Baylie
Für den bel-Sprachenblog hat sich Karin mit unserer langjährigen Englisch-Lehrerin Beate Baylie über ihre Erfahrungen in der Fremdsprachenvermittlung ausgetauscht und erfahren, was das Besondere dabei in den Kursen mit Älteren ist (Stichwort: Fremdsprachengeragogik).
Wieso erlernt jemand im Alter eine Sprache?
Das ist oft recht unterschiedlich. Zu den Hauptgründen für die Teilnahme an einem Sprachkurs gehören sicher das Reisen und die Verwandtschaft. Ich habe viele in den Kursen, die gerne reisen und sich grob verständigen können wollen. Etliche haben ihre Verwandtschaft im Ausland und möchten den Kontakt zu ihnen halten. Generell merken auch viele, dass sie etwas für ihren Kopf tun müssen. Rund 80% der Teilnehmenden sind Frauen. Männer nehmen meist als Ehepartner teil. Während des Sprachkurses tritt bei zahlreichen Teilnehmenden das Gemeinschaftsgefühl (wir machen was zusammen) sehr stark in den Vordergrund. Ich weiß aber nicht, ob es die ursprüngliche Intention für den Kursbesuch darstellte. Ich habe eine Gruppe, die ist nun zwölf Jahre bei mir. Nach den Englischkenntnissen darf man dabei nicht direkt fragen, aber sie genießen dieses Gemeinschaftsgefühl unglaublich.
Welche positive Wirkung hat das Lernen einer Fremdsprache auf einen älteren Menschen?
Das Sprachenlernen hat einen positiven Einfluss auf ganz viele Bereiche. Viele Teilnehmende kommen im Alltag viel besser zurecht, vor allem beim Einkauf, etwa mit den englischen Beschreibungen auf ganz vielen Artikeln, im Umgang mit Handy und PC. Die vielen Anglizismen in unserem Alltag werden von den Seniorinnen und Senioren oftmals nicht verstanden. Sie fühlen sich dadurch ausgeschlossen, viele werden dafür sogar noch belächelt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Stärkung des Gruppengefühls. In den Unterrichtsstunden sind mir Humor, Spiel und Spaß sehr wichtig. Durch die kleine Gruppengröße von maximal acht Teilnehmenden herrscht eine gemütliche Atmosphäre und es findet ein Austausch statt. Durch spielerische Übungen wird nicht nur das Englisch aktiviert, sondern es werden auch viele andere wichtige Hirnareale angesprochen und Fähigkeiten trainiert.
Auch schlechte Erfahrungen mit dem Sprachenlernen in der Vergangenheit werden von den Teilnehmenden eingebracht. So können auch Ängste und Hemmungen revidiert und aufgelöst werden. Sie lernen neue Kontakte kennen (soziale Interaktion) und das Selbstvertrauen wird gestärkt.
Aus Ihrer Erfahrung heraus: Wie lernt der ältere Mensch gerne?
Die Teilnehmenden in den Sprachkursen mögen gerne Spiele, Humor aber auch mal den Wettbewerb. Ich arbeite auch viel mit Bildkarten. Ganz wichtig: Das Wort „falsch“ gibt es nicht. Ich korrigiere, indem ich zum Beispiel den Satz noch einmal richtig wiederhole, ohne ihn groß zu werten und zu thematisieren. Manchmal hilft das schon, und der oder die Teilnehmer*in spricht den Satz anschließend korrekt aus. Ich versuche auch, die Grammatik zu minimieren und verzichte auf dieses Wort. Grammatik wird bei mir in Form von Spielen gelernt und eingeübt.
Es gibt außerdem keinen Druck in meinen Gruppen. Ich versuche bewusst, die Hemmschwelle möglichst gering zu halten. So trauen sich die Teilnehmenden mehr zu, und dies stärkt wiederum ihr Selbstvertrauen. Mir ist es wichtig, dass die Teilnehmenden das Englisch authentisch erleben, dass sie sehen, dass man die Sprache auch nutzen kann. Dazu nehme ich Gegenstände aus England (Verpackungen, Speisekarten aus einem Pub usw.) in den Unterricht mit.
Wie sieht eine ganzheitliche Englischstunde bei Ihnen aus?
Zum Einstieg besprechen wir die Hausaufgaben von der letzten Stunde, wiederholen spielerisch die Vokabeln und machen anschließend ein Spiel, welches die neuen Wörter einführt. Danach lesen wir einen Text oder einen Dialog aus dem Lernmittel (Autumn Years – Englisch für Senioren, Band 1-4, Anm. der Autorin), und besprechen danach Verständnisfragen. Zur Festigung des gelernten Inhalts verwende ich dann Bilder aus dem Lehrmittel oder eigene Bildkarten. Eine Unterrichtsstunde dauert bei mir meistens eine Zeitstunde. In der letzten Viertelstunde mache ich mit den Teilnehmenden gerne Spiele: Kofferpacken, Vokabeln-Klatschen, Fragekärtchen, Geschichten erfinden usw.
Einstieg: Besprechung der Hausaufgaben von der letzten Stunde, spielerisch die Vokabeln wiederholen und anschliessend ein Spiel, welches die neuen Wörter einführt. Hauptteil: Lesen eines Textes oder Dialoges aus dem Lernmittel «Autumn Years – Englisch für Senioren, Band 1-4» (Anm. der Autorin) und anschliessendes Besprechen der Verständnisfragen. Danach können Bilder im Lehrmittel oder Bildkarten zur Festigung des gelernten Inhaltes verwendet werden.
Ausstieg: Ich unterrichte meistens eine Stunde. In der letzten Viertelstunde mache ich mit den TN gerne Spiele. Dabei kommen Spiele wie Kofferpacken, Vokabeln-Klatschen, Würfeln, Fragekärtchen, Geschichten erfinden usw. zum Einsatz.
Mir ist wichtig, dass die Teilnehmenden mit einem Lächeln aus dem Raum gehen.
Beate Baylie
Vor welchen Herausforderungen stehen Sie als Kursleitung in Bezug auf Ihre Rolle?
Als Kursleiterin braucht man natürlich sehr viel Geduld, Zeit und Verständnis. Man darf die Ansprüche an sich selbst nicht zu hoch setzen. Oft geht es in den Stunden weit über das Englisch hinaus, denn viel Privates der Teilnehmenden wird in die Stunden hineingetragen. Wichtig ist auch, dass man offen ist, aber nicht wertet, denn die Seniorinnen und Senioren haben noch ganz andere Wertvorstellungen. Defizite der Teilnehmen wie zum Beispiel Höreinschränkungen akzeptieren und das Beste daraus machen. Und ganz wichtig; kein Druck, viele Wiederholungen und viel Lob.
Welche Vorteile ergeben sich bei heterogenen Gruppen?
Ich finde es toll, wenn die Stimmung in der Gruppe stimmt, wenn die Teilnehmenden menschlich miteinander auskommen. Das ist mir wichtiger als das Sprachniveau. Die Gruppe soll auch die Lehrperson mögen. Ich finde es schwierig zu sagen, was überhaupt eine homogene Gruppe ist. Auch wenn eine Gruppe homogen startet, kann sie schnell zu einer heterogenen werden. Denn die Teilnehmenden entwickeln sich immer unterschiedlich. Eine Herausforderung sind generell die Unterschiede in Lerngeschwindigkeit und Merkfähigkeit.
Können Sie sich vorstellen, dass das Sprachenlernen auch in einer Institution als Angebot der Aktivierung sinnvoll ist?
Ich selbst habe nie Kurse im Alters- und Pflegeheim gegeben. Ich habe aber Kolleginnen, die das machen und deren Feedback ist positiv. Ich kann mir das als Angebot sehr gut vorstellen, denn ich denke, dass man bei vielen Seniorinnen und Senioren an altes Wissen anknüpfen kann und dabei noch ganz andere Hirnregionen aktiviert werden können. Das Gehirn ist ein ganz faszinierendes Organ. Ich kann mir auch vorstellen, dass durch sinnliche Erfahrungen wie zum Beispiel mit Musik und Bildern positive Emotionen geweckt werden können.
Viele Mitarbeitende haben einen Bezug zu Englisch, auch da sehe ich Anknüpfpunkte, wo die Teilnehmenden das noch einmal üben können und positiv bestärkt werden.
Was möchten Sie noch mitgeben?
Das Folgende ist mir ein persönliches Anliegen: Seniorinnen und Senioren werden oft unterschätzt. Sie sind ein toller und wichtiger Teil unserer Gesellschaft, werden aber oft zu wenig wertgeschätzt. Es macht jedoch riesigen Spaß, mit ihnen zu arbeiten! Für mich ist das eine absolut sinnvolle Tätigkeit.
Kleine Sprachgenies
Kleine Kinder sind natürliche Sprachgenies. Sie nehmen die Fremdsprache aus eigenem Antrieb auf, ohne sie bewusst zu lernen. Die Aussprache zu imitieren und sich die Regeln selbst zu erarbeiten, fällt ihnen extrem leicht.
Warum früh mit Englischlernen starten?
Kleine Kinder nutzen ihre angeborenen Sprachlernstrategien, um sich die Muttersprache anzueignen. Dieser Strategien bedienen sie sich auch zum Erlernen der englischen Sprache. Wie? Sie nehmen die Sprache um sich herum auf, indem sie gemeinsam mit einer Lehrerin oder einem Lehrer und anderen Kindern an einer Aktivität teilnehmen. Spielerische Aktionen führen zum Verstehen und Lernen von Sprache.
Kinder, welche die Möglichkeit haben, eine zweite Sprache zu erlernen während sie noch jung sind, scheinen ihr ganzes Leben lang dieselben angeborenen Sprachlernstrategien zu verwenden, ganz gleich, um welche Sprache es sich handelt. Das Lernen einer dritten, vierten oder sogar mehrerer Sprachen gleichzeitig ist einfacher als das Erlernen einer zweiten Sprache.
Kleine Kinder, die sich eine (fremde) Sprache aneignen, anstatt sie bewusst zu lernen, haben eine bessere Aussprache und ein feineres Gespür für die jeweilige Sprache und die dahinterstehende Kultur. Wenn einsprachig aufgewachsene Kinder in die Pubertät kommen und selbstbewusster werden, nimmt ihre Fähigkeit, Sprache aufzunehmen, ab und sie haben das Gefühl, Englisch (oder eine andere Fremdsprache) bewusst durch grammatikbasierte Programme lernen zu müssen.
Warum spricht mein Kind nicht?
Wenn Babys ihre Muttersprache lernen, gibt es eine „stille Periode“, in der sie nur schauen und zuhören und durch Mimik oder Gestik kommunizieren. Auch wenn Kinder Englisch lernen, kann es eine ähnliche „stille Phase“ geben, in der Kommunikation und Verständnis stattfinden, bevor sie die ersten englische Wörter sprechen.
Während dieser Zeit sollten Eltern ihre Kinder nicht dazu zwingen, neue Wörter zu wiederholen. Vielmehr sollten gesprochene Dialoge einseitig sein, wobei das Gespräch des Erwachsenen dem Kind nützliche Gelegenheiten bietet, die fremde Sprache aufzugreifen.
Mädchen oft schneller als Jungen
Nach einiger Zeit beginnen die Kinder einzelne Wörter oder kurze Sätze in Dialogen oder als unerwartete Aussagen zu sagen. Das Kind hat sie auswendig gelernt und ahmt die Aussprache genau nach. Diese Phase dauert einige Zeit an, während das Kind mehr Sprache aufnimmt und sie als Abkürzung für Dialoge verwendet, bevor es bereit ist, seine eigenen Sätze zu bilden.
Allmählich bauen Kinder Sätze auf, die zunächst aus einem einzelnen, auswendig gelernten Wort bestehen, dem sie Wörter aus ihrem Wortschatz hinzufügen. Abhängig von der Häufigkeit des Kontakts mit der englischen Sprache und der Qualität der Erfahrungen beginnen die Kinder allmählich, ganze Sätze zu bilden.
Zum Schluss noch ein Hinweis: Das Verstehen ist immer wichtiger als das Sprechen! Man sollte die Fähigkeit von Kleinkindern, etwas gesprochenes zu verstehen, nicht unterschätzen.